Author Jürgen

Etappeninfo

Etappe 12: Åndalsnes-Dåmbos

Strecke: Åndalsnes-Bjorli-Dåmbos
Daten: Art: Trekkingtour - 109 km - 1041 Höhenmeter - ca. 06:05 Std. Fahrzeit - Bergfaktor: 9.6


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Etappe 12: Åndalsnes-Dåmbos

Ich habe zwar lange geschlafen, aber so richtig fit bin ich noch nicht. Wir machen erstmal Frühstück. Kein Spaß, wenn einem dauernd die Nase dabei läuft. Danach schleppen wir leise unser Gepäck aus dem Zimmer, alle anderen schlafen noch. Wir packen die Räder und los geht's erstmal. Ein paar Kilometer nach Åndalsnes gibt es einen Radweg, den wir benutzen. Es geht an der Trollwand (Trollvegen) vorbei, die rechts neben uns hunderte Meter aufragt. Die Straße bleibt relativ flach, bis auf ein paar kurze Wellen. Das Tal, durch das die Straße durch führt, wird immer schöner. Teils ist das Tal sehr eng, teils über einen Kilometer breit. Alexander will ein Foto machen und ich fahre mal voraus, ich bin ja heute sowieso langsamer. Aber seit dem sehe ich ihn nicht mehr. Egal, er wird schon kommen.



Kilometer 20 ... kein Alexander in sicht. Ich fahre weiter. Versuche den Puls nicht über 130 zu bringen. Ich fühle mich Elend.



Kilometer 27 ... kein Alexander in sicht. Ich schau auf den weißen Seitenstreifen vor mir...ich fahre darauf wie auf einer Schiene...Tunnelblick...ich reiße mich los, die Landschaft anschauen, sag ich mir.



Kilometer 32 ... ein Verkehrsschild gibt mir den Rest. Dort steht 0,5 - 12km 6% ... und Alexander immer noch nicht hinter mir. Dann muss ich wohl da rauf. Ich mache langsam. Wenn ein Parkplatz mit einer Bank kommt, halte ich an und mache Pause, denke ich mir. Bei km 36 steht ein Bushäuschen. Drinnen ist es zwar kühl, aber trotzdem erstmal Pause. Schnell einen Riegel gegessen. Nach 13min taucht Alexander endlich auf. Ein paar Minuten noch warten und erholen.



In Kylingsbrua wäre ein kleiner Laden, aber wir haben heute Sonntag. Ein paar Kilometer danach gibt es Wasserfälle zu sehen. Am kleinen Souveniershop kaufen wir Cola, Wasser und Kaffee und machen erstmal Pause. Mal sehen ob ich es bis nach Dåmbos schaffe oder ob wir den Zug nehmen.



Weiter geht's aufwärts. Alexander fährt vor mir und hält den Gegenwind etwas ab. Dann will er ein Bild machen - ich fahre vorbei und weiter. Alexander ist wieder weg. Es geht auf Bjorli zu. Die Sonne ist weg, es wird kalt und der Wind wird stärker. Alexander kommt wieder. Er hat ein paar Dosen aufgesammelt. Wir beschließen ab Bjorli mit dem Zug zu fahren. Wenigstens haben wir heute 50km geschafft - also die halbe Strecke.



Bis Bjorli geht's berauf. Ich schleiche dahin. Endlich sind wir in Bjorli am Bahnhof. Da steht ein kleines Schild "Kaffee um die Ecke". Wir folgen dem Schild am Bahnhofsgebäude entlang, öffnen eine Tür in Erwartung eines Cafés und stehen in einer Scheune wo zwei junge Mädchen Kaffee und Souveniers verkaufen. Wir bestellen 2 Kaffee und 2 Waffeln mit Creme und Marmalade und setzen uns in den Aufenthaltsraum des Bahnhofs. Die Fahrräder schieben wir mit rein.



Wir haben über 3 Stunden Zeit bis der Zug kommt. Draußen pfeift der Wind immer heftiger. Vielleicht können wir etwas schlafen.



Der Bahnhofsvorsteher schmeißt mich aus dem Aufenthaltsraum. Er will zusperren. Ich schiebe das Fahrrad wieder raus. Alexander kommt vom (Zug-)Fotografieren. Wir beschließen auf die andere Straßenseite zu fahren, da könnte irgendwas sein, wo wir uns reinsetzen können. Dann sehen wir einen Supermarkt, der sogar heute am Sonntag offen hat. Und hier ist echt was los. Wir wollen unser gesammeltes Pfand los werden, aber der Automat mag uns nicht. Zweimal muss er neu gestartet werden. Dann kaufen wir gleich Getränke für morgen und setzen uns um die Ecke in einen Schnellimbiss (Gatekjøkken) mit Laden. Hier ist echt was los. STändig kommen Leute, essen was und gehen wieder.



Wir fahren zum Bahnhof. Dort warten noch 4 Radler auf den einzigen Zug nach Dåmbos. Der Zug kommt pünktlich 17:19 Uhr und damit begann der Höllenritt.



Der Zug ist voll und wir dürfen nicht mit. Wir haben keine andere Chance selbst zu radeln. Das Zimmer in der Jugendherberge in Dåmbos ist ja schon bezahlt. Es sind noch knapp 60km, ich könnte kotzen. Da wartet man 3 Stunden auf den Zug und dann... Ich ziehen meine Regenkleidung an. Vor uns schaut es nicht gut aus. Alexander fotografiert seelenruhig den Zug. Ich explodiere fast. Die anderen Radler beschließen hier in Bjorli zu übernachten.



Wir fahren los, der Gegenwind ist mal schwächer, mal stärker. Alexander gibt mir Windschatten. So schnell würde ich in meinem Zustand vorne nicht sein. Teilweise stiere ich nur auf das Hinterrad von Alexander. Es beginnt zu tröpfeln. Wenigstens ist die Straße relativ flach. Dafür wird der Verkehr stärker. Aber es gibt dann einen Radweg, der auch über mehrere Kilometer führt. Alexander braucht was zu Essen und wir mampfen beide einen Riegel. Weiter geht's. Wir hätten schon längst 20 Kronen Pfand sammeln können, aber dafür haben wir jetzt keinen Nerv. Die Kilometer am Tacho zählen zäh hoch. Ich rechne ständig die restlichen Kilometer und die voraussichtlich Zeit. Und immer wieder der starre Blick auf das Hinterrad. Ich fühle mich Hunde elend.



Zwanzig Kilometer vor Dåmbos beginnt es richtig zu regnen. Der Radweg geht an der flacheren Straße entlang immer auf und ab. Wir fühlen uns verarscht und wechseln auf die Straße. Ab und zu flucht einer von uns. Ich versuche Alexander auch etwas zu ziehen, aber lange geht das nicht. Außerdem spritzt hinter dem Rad das Wasser vom Reifen, sodaß das Hinterherfahren auch kein Spaß ist.



Dann sehen wir vor- und unter uns Dåmbos. Es geht abwärts-wenigstens was. Aber in der Stadt müssen wir zur Jugendherberge nochmal richtig steil aufwärts. Teilweise müssen wir schieben. Die Ausschilderung zur JH ist auch zum Kotzen-der nächste Fluch. Wir rätseln wohin wir müssen. Dann endlich ist die JH in sicht. Es ist 20:45Uhr. Wir sind beide am Ende. Wenn jetzt das Zimmer weg ist, bekomme ich einen Anfall.



Es geht alles glatt und wir beziehen das Zimmer. Während ich warm dusche, beginnt Alexander mit dem kochen. Wir Essen um halb 10. Danach verwandeln wir unser Zimmer in ein Dampfbad: wir verteilen die nassen Klamotten im Zimmer, die Heizung ist schon voll aufgedreht. Um viertel zwölf gehen wir schlafen.



Wenn ich heute Alexander nicht vor mir gehabt hätte, wäre ich wohl nie angekommen. Da muss ich ihm mal ein Essen ausgeben.